Ba(h)r jeder Vernunft: die geförderte Pflege-Zusatzversicherung

Die Förder-Pflegeversicherung ist leider weder gut gemeint noch gut gemacht. Sie ist eine Täuschung. Notwendig sind eine Grundsanierung der gesetzlichen Pflegeversicherung und eine bessere, angemessene Honorierung der Menschen, die sich um die derzeit über 2,7 Mio. Pflegebedürftigen kümmern.

Ein Gutes hat „Pflege-Bahr“ dennoch: Pflege wird endlich als Vorsorgeaufgabe thematisiert.

Die Regelung der geförderten Pflegeversicherung

Die vorige Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat trotz vieler Einwände eine neue geförderte Pflegezusatzvorsorge auf den Weg gebracht. Sie wird nach dem „Erfinder“ und kurzzeitigen Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) allgemein „Pflege-Bahr“ genannt. Versicherer, die die geförderte Pflegezusatz-Versicherung (PZV) anbieten, Antragsteller aufgrund gesundheitlicher Risiken nicht mehr ablehnen. Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge darf es auch nicht geben.

Der Umfang des Versicherungsschutzes kann individuell vereinbart werden, muss aber mindestens eine monatliche Pflegerente von 600 EUR bei Schwerstpflegebedürftigkeit beinhalten. Dies betrifft aber nur jede achte pflegebedürftige Person.  Ende 2013 wurden 2 626 206 Pflegebedürftigen gezählt, davon waren 11,8% als Schwerstpflegefälle in Stufe III eingestuft.

Um die Beiträge am Anfang niedrig zu halten, sind keine Altersrückstellungen vorgesehen. Das macht den Einstieg zwar auf den ersten Blick attraktiv. Es hat aber zur Konsequenz, dass die Beiträge aufgrund der demografischen Entwicklung unvermeidlich steigen werden.

Das Konzept ist somit ausschließlich auf die Produkte der Krankenversicherer zugeschnitten. Pflegerententarife der Lebensversicherer werden dagegen mit Kapitalstock und Altersrückstellungen kalkuliert.

Sind die Voraussetzungen für den Zuschuss erfüllt und beträgt der private Eigenanteil mindestens 10 EUR, gibt es eine feste Zulage von 5 EUR. Die Verwaltungs- und Abschlusskosten werden begrenzt.

Bewertung

Versicherungskonzepte sind nur dann förderfähig, wenn sie die verlangten Vorgaben erfüllen.

Der Annahmezwang aller Anträge (also auch bei erhöhten Risiken wie chronischen Vorerkrankungen) muss jetzt und in Zukunft zu Neukalkulationen mit höheren Beiträgen führen.

Das bedingt eine Negativselektion bei der geförderten Pflegezusatzversicherung. Menschen ohne wesentliche Vorerkrankungen können sich bei ungeförderten Tarifen günstiger absichern, was sie auch sollten. Der kleine staatliche Zuschuss von 5 EUR pro Monat ist kein seriöser Anreiz.

Ein Anreiz, privat für den Pflegefall vorzusorgen, wird mit der neuen Förderung jedenfalls nicht ausgelöst:

  • Menschen mit geringem Einkommen werden sich die neue PZV nicht leisten (können).
  • Menschen mit mittleren und höheren Einkommen, die auch ohne Förderung  vorsorgen oder das planen, nehmen die Zulage möglicherweise gern mit. Angewiesen sind sie darauf nicht.
  • Die Pläne der Regierung setzen ausschließlich auf Angebote der Krankenversicherer,  ohne dass diese verpflichtet sind, die Beitragslast im Alter durch Rückstellungen zu senken. Die Beiträge werden also steigen müssen.
  • Nicht zuletzt wird für einen minimalen Förderbeitrag eine neue Zulagenbehörde geschaffen, die zusätzliches Steuergeld kostet und im Wesentlichen ihre eigene Existenz finanziert.

Geholfen wird dadurch niemandem, außer den privaten Krankenversicherern, die aus mehreren Gründen ihre guten Jahre hinter sich haben. Ihnen hat die schwarzgelbe Koalition hiermit ein kurzfristig lukratives neues Geschäftsfeld bereitet. Der Namensgeber Daniel Bahr ist übrigens nach einer Schamfrist inzwischen als Generalbevollmächtigter bei der Allianz PKV untergekommen.