Kurs halten in unruhigen Zeiten

Hilfe, die Kurse brechen ein. Muss ich jetzt umschichten oder aussteigen? Kommt nun der große Crash? – Solche Fragen besorgter Anleger*innen erreichen uns, seit der atemberaubende lange Anstieg der Aktienkurse vorerst zu Ende zu sein scheint. Es macht aber keinen Sinn, aus Angst vor Kursausschlägen bei Aktien und anderen Wertpapieren das Geld aus Investmentfonds herauszunehmen und für 0,1 oder 0,5% zu parken. Wenn das Ziel noch stimmt, das Sie mit Ihrer Geldanlage verfolgen, sollten Sie sich nicht von aufgeregten Meldungen und so genannten Experten beirren lassen.

Es gibt gleichwohl mehr als genug Gründe, beunruhigt zu sein. Auch wenn wir in Mitteleuropa auf einer Insel der Seligen zu leben scheinen. Konflikte sind zu offenen Kriegen eskaliert. Diktatorische Regime erscheinen manchem als das kleinere Übel angesichts von Gewaltorgien à la IS oder Boko Haram. Die so genannte Staatengemeinschaft ist zerstritten und hilflos. Die ersten Auswirkungen des globalen Klimawandels werden immer spürbarer. Und im Hintergrund geht das Big Business zu Lasten der Armen dieser Welt weiter.

Die Finanzmärkte zeigen sich dagegen relativ unbeeindruckt. Die Zerbrechlichkeit scheinbar sicherer Systeme und Staaten ist aus den Börsenkursen nicht unmittelbar ablesbar und noch weniger vorhersagbar.

Einiges kann man dennoch feststellen:  In Weltkonzernen gibt es gewaltige Umschichtungen und Fusionen. Die unsichtbare Hand der Digitalisierung erfasst nach und nach die ganze Gesellschaft. Auf ganz unterschiedliche Weise werden die Volkswirtschaften umgebaut. Die Länder des Südens werden weiter enteignet. Im den „entwickelten“ Ländern, d.h. in den Ländern, in denen sich der Kapitalismus voll entfalten konnte, bestimmen wenige Großkonzerne und Lobbygruppen den Gang der Dinge. Auf Kosten der vielen kleinen Unternehmen, Handwerker und Händler, die irgendwann aufgeben müssen.

Nach Berechnungen von Oxfam wird 2016 ein Prozent der Weltbevölkerung die Hälfte des Weltvermögens besitzen. Die Spaltung zwischen Arm und Reich in den Gesellschaften überall auf der Erde nimmt weiter zu. Das gefährdet den sozialen Frieden, mancherorts ist er schon zerstört. Nur ein Bruchteil der weltweit Flüchtenden schafft es in die wohlhabenderen Regionen, zu denen Deutschland zweifellos gehört.

Angesichts der täglichen Nachrichten über das Elend erscheint es schon fast obszön, wenn wir uns Sorgen über niedrige Zinsen und stark schwankende Aktienkurse machen. Wir müssen es trotzdem tun.

„Geld ist das Schmiermittel der Wirtschaft.“

So heißt es. In diesen Tagen lernen wir aufs Neue, dass manche das etwas falsch verstehen. Nicht nur bei der FIFA und der Deutschen Bank. Dies ist einer von vielen Gründen, warum man sich darum kümmern muss, wer was mit dem anvertrauten Geld tut.

Nachhaltige Geldanlage, verantwortliches Investieren heißt, nach den Werten zu fragen, die mit den Wert-Papieren verbunden sind. 2012 stand ein Interview mit mir in der Wirtschaftswoche unter der Überschrift

„Anständig Geld verdienen“

Dies war und ist bewusst zweideutig gemeint. Inzwischen deutet sich ein Umdenken bei immer mehr Banken und Kapitalgesellschaften an: Die Reflexion und Beachtung ethischer, sozialer und ökologischer Gesichtspunkte wird erkannt. Zum Teil aus Überzeugung, zum Teil deshalb, weil das eigene Geschäftsmodell sonst dauerhaft nicht mehr trägt. Der überstürzte Abgang des Führungsduos Jain und Fitschen der Deutschen Bank ist durchaus in diesem Sinn zu verstehen.

Wir werden in den Monaten keine klaren Botschaften von den Börsen bekommen. Es wird vermutlich immer wieder rauf und runter gehen. Für beides gibt es Gründe.

Einerseits: Wie auch immer der Streit um die griechischen „Hausaufgaben“ ausgehen wird, die Krise hat Auswirkungen auf Europa, nicht nur auf den Euro. Die Gewinnerwartungen in den USA und in China müssen womöglich  tiefer gehängt werden. Welche Auswirkungen die mehr als instabile Lage im Nahen und Mittleren Osten (einschließlich der Türkei!) und um den Russland-Ukraine-Konflikt haben wird, wissen wir nicht. Die Turbulenzen um Griechenland richten dauerhaft mehr politische als ökonomische Schäden an: Was hält Europa zusammen?

Andererseits: Die ökonomische Lage in den „westlichen“ Kernländern, nicht zuletzt in Deutschland, ist stabiler als viele noch vor wenigen Jahren erwartet haben. Auch wenn die Exportüberschüsse durch den schwachen Euro künstlich beflügelt sind. Die USA bleiben noch auf längere Sicht die dominierende Wirtschaftsmacht. Dafür sorgen Bevölkerungszuwachs und der starke Binnenmarkt. Letzteres entwickelt sich auch in China, sodass es kein ernsthaftes Problem ist, wenn die dortigen Wachstumsraten allmählich auf ein gesunderes Maß zurückgehen.

Kurs halten

Es macht keinen Sinn, aus Angst das Geld aus Investmentfonds herauszunehmen und für 0,1 oder 0,5% zu parken. Die Erfahrung zeigt, dass man fast immer den richtigen Zeitpunkt zum Wiedereinstieg verpasst. Ohnehin heißt es nicht ohne Grund: Hin und her macht Taschen leer.

Mittel- und langfristig  gibt es zu Sachwertanlagen (wozu auch Aktien und Aktienfonds gehören) ohnehin keine vernünftige Alternative. Kurzzeitige Kursrückgänge von 5 oder 10 % müssen Sie als Anleger*in aushalten können. Nur dann, wenn Sie in den nächsten Monaten Ihr angelegtes Geld ohnehin brauchen, kann es sinnvoll sein, Geld herauszunehmen und zu „sichern“. Aber das ist immer eine Einzelfallentscheidung.

Wenn das Ziel noch stimmt, das Sie mit Ihrer Geldanlage verfolgen, sollten Sie sich nicht von aufgeregten Meldungen und so genannten Experten beirren lassen. Allenfalls ist die Steuerung zu korrigieren, den Kurs sollten Sie aber halten. Nachhaltig in jeder Hinsicht. Und nicht zuletzt: Nachhaltiges Investment orientiert sich nicht an den Kursen von DAX-Unternehmen.

Wenn Sie unsicher sind, was zu tun ist, fragen Sie uns. Dafür sind wir da.